Ich habe in meiner Laufbahn bereits mehrere Brandschäden bei Firmenkunden miterlebt – und dabei wurde immer eines deutlich: Ohne eine passende Ertragsausfall- bzw. Betriebsunterbrechungsversicherung kann es für ein Unternehmen sehr schnell existenzbedrohend werden.
Viele Unternehmer denken bei Versicherungsschutz zunächst an ihre Inventarwerte – also Maschinen, Einrichtung oder Vorräte – und daran, welchen Schaden ein Feuer oder Einbruch anrichten kann. Eine feste Versicherungssumme wird ermittelt, die Police abgeschlossen und damit scheint die Sache erledigt.
Doch das eigentliche Risiko beginnt erst nach dem Sachschaden: Der Betrieb steht still, Kundenaufträge können nicht erfüllt werden und die Fixkosten laufen ungebremst weiter. Genau hier greift die Ertragsausfall- bzw. Betriebsunterbrechungsversicherung. Sie sorgt dafür, dass während der Überbrückungszeit wichtige laufende Kosten wie Miete, Gehälter oder Leasingraten weitergezahlt werden können.
Die Versicherung ist immer eng an die Inhalts- bzw. Inventarversicherung gekoppelt. Sie zahlt also ergänzend zum Sachschaden für einen vordefinierten Zeitraum von meist 12 bis 24 Monaten die laufenden Kosten und den entgangenen Gewinn. Jeder Versicherer hat dabei seine eigene Ausgestaltung und Besonderheiten. Deshalb habe ich die Unterschiede der drei grundlegenden Formen hier allgemein erklärt, damit du einen klaren Überblick bekommst.
1. Einfache Ertragsausfall- bzw. Betriebsunterbrechungsversicherung
Die einfache Ertragsausfallversicherung ist die am häufigsten genutzte Variante. In der Praxis wird die Versicherungssumme dabei oft 1:1 von der Inhaltsversicherung übernommen – also Inventarwert = Ertragsausfallsumme.
Das ist unkompliziert, kann aber zu Problemen führen. Denn der Ertragsausfall betrifft nicht nur dein Inventar, sondern vor allem deine Fixkosten und den entgangenen Gewinn. Deshalb sollte die Versicherungssumme besser am Rohertrag orientiert werden – also Jahresumsatz minus Material- und Wareneinsatz. Nur so stellst du sicher, dass im Ernstfall auch Mieten, Gehälter, Leasingraten und dein Gewinn abgedeckt sind.
Wie wird gezahlt?
- Die vereinbarte Versicherungssumme gilt in der Regel für die gesamte Haftzeit (z. B. 12 oder 24 Monate).
- Der Versicherer ersetzt i.d.R. den tatsächlich entstandenen Schaden, solange er innerhalb dieser Haftzeit liegt.
Beispiel:
- Versicherungssumme: 150.000 € (Haftzeit 12 Monate)
- Dein Betrieb fällt durch einen Brand für 6 Monate aus.
- Tatsächlicher Schaden: 70.000 € → Auszahlung: 70.000 €
- Tatsächlicher Schaden: 200.000 € → Auszahlung maximal 150.000 € (Summe gedeckelt)
⚠️ Wichtig!
Wenn die Versicherungssumme nicht deinem tatsächlichen Bedarf entspricht, kann der Versicherer eine Unterversicherung anrechnen und die Leistung kürzen.
👉 Deshalb unbedingt im Vertrag prüfen, ob ein Unterversicherungsverzicht vereinbart ist.
Fazit: Die einfache Ertragsausfallversicherung ist günstig, leicht verständlich und weit verbreitet. Sie ist aber nur dann wirklich zuverlässig, wenn die Versicherungssumme realistisch am Rohertrag bemessen ist und ein Unterversicherungsverzicht greift.
2. Pauschale Ertragsausfall- bzw. Betriebsunterbrechungsversicherung
Die pauschale Ertragsausfallversicherung ist besonders einfach geregelt. Hier vereinbarst du mit dem Versicherer eine feste Versicherungssumme, zum Beispiel 100.000 €.
Diese Summe wird in eine Tagesentschädigung heruntergerechnet:
👉 Formel: Versicherungssumme ÷ 52 Wochen ÷ Arbeitstage pro Woche = Entschädigung pro Tag
Beispiel:
- Versicherungssumme: 100.000 €
- 52 Wochen × 5 Arbeitstage = 260 Arbeitstage
- 100.000 € ÷ 260 = ca. 385 € pro Arbeitstag
So wird gezahlt:
- Betriebsausfall 40 Tage → 40 × 385 € = 15.400 €
- Betriebsausfall 200 Tage → 200 × 385 € = 77.000 €
- Betriebsausfall 400 Tage → maximal 100.000 € (weil die Summe gedeckelt ist)
👉 Vorteil: Sehr einfache Abwicklung, kein Risiko einer Unterversicherung.
👉 Nachteil: Strenge Obergrenze – egal wie hoch dein tatsächlicher Schaden ist, mehr als 100.000 € bekommst du nicht.
Fazit: Die pauschale Ertragsausfallversicherung ist unkompliziert und planbar. Sie eignet sich besonders für kleinere Betriebe, bei denen ein Ausfall in der Regel überschaubar bleibt und die feste Pauschale ausreichend ist.
3. Große Ertragsausfall- bzw. Betriebsunterbrechungsversicherung
Die große Ertragsausfallversicherung ist die umfangreichste und exakteste Form. Hier wird die Versicherungssumme nicht geschätzt oder pauschal vereinbart, sondern sie muss zwingend deinem Jahresrohertrag entsprechen.
👉 Rohertrag = Jahresumsatz minus Material- und Wareneinsatz.
Das heißt: Dein kompletter Jahresrohertrag ist die Basis der Absicherung. So wird sichergestellt, dass wirklich alle Fixkosten und dein entgangener Gewinn im Ernstfall gedeckt sind.
Dazu zählen z. B.:
- Löhne, Gehälter und Sozialabgaben deiner Mitarbeiter
- Mieten, Pachten und Nebenkosten
- Leasingraten und Kreditzinsen
- Abschreibungen
- dein Betriebsgewinn
Damit ist die große Ertragsausfallversicherung die realistischste Absicherung, weil sie sich genau an deiner wirtschaftlichen Situation orientiert.
Beispielrechnung
- Jahresumsatz: 800.000 €
- Materialeinsatz: 500.000 €
- Rohertrag: 300.000 € → das ist die Versicherungssumme
👉 Dein Betrieb wird durch einen Brand 10 Monate stillgelegt.
- Tatsächlicher Ausfall (Fixkosten + Gewinn): 200.000 € → Auszahlung: 200.000 €
- Tatsächlicher Ausfall: 280.000 € → Auszahlung: 280.000 €
- Tatsächlicher Ausfall: 400.000 € → Auszahlung maximal 300.000 € (Summe gedeckelt)
Damit zeigt sich: Die Versicherungssumme deckt deinen Bedarf sehr genau ab. Du musst aber unbedingt sicherstellen, dass sie auch wirklich deinem aktuellen Rohertrag entspricht. Steigt dein Umsatz oder ändert sich deine Kostenstruktur, solltest du die Summe anpassen.
Vorteile:
- Sehr genaue, individuelle Absicherung
- Keine groben Schätzungen oder Pauschalen
- Alle Fixkosten + Gewinn realistisch abgesichert
- Besonders geeignet für mittlere bis große Betriebe oder für Unternehmen mit hohen Fixkosten
Nachteile:
- Aufwendigere Berechnung (Bilanzen oder Gewinn- und Verlustrechnungen nötig)
- Höhere Beiträge als bei einfacher oder pauschaler Form
Fazit: Die große Ertragsausfallversicherung ist die „Premium-Lösung“. Sie ist aufwendiger und teurer, bietet aber die mit Abstand beste Sicherheit, wenn dein Betrieb durch einen Schaden stillsteht.
Meine Empfehlung
Die Ertragsausfallversicherung wirkt auf den ersten Blick kompliziert, muss es aber nicht sein. Als kleiner Betrieb kommst du oft mit der einfachen Ertragsausfallversicherung gut zurecht. Wichtig ist, dass du die Versicherungssumme am Rohertrag orientierst, damit im Schadenfall Fixkosten und Gewinn wirklich abgesichert sind.
Wenn du es besonders übersichtlich und leicht handhabbar haben möchtest, kann auch die pauschale Variante mit Tagessatz eine gute Lösung sein.
Für größere Unternehmen oder die Industrie, die auf hohe Warenbestände angewiesen sind und große Fixkosten tragen, eignet sich dagegen die große Ertragsausfallversicherung am besten.
Ganz gleich, welche Form für dich passt: Achte unbedingt darauf, dass dein Versicherer einen Unterversicherungsverzicht einräumt – nur so vermeidest du Kürzungen im Ernstfall.









